HTWG Theater macht die Altstadt zur Bühne


Hochschultheateraufführungen in Corona-Zeiten? Geht das? Ja! Das Theater Hochschule Konstanz hat sich mit einem Stück im Freien an die Pandemie-Bedingungen angepasst. Entstanden ist eine theatralische Stadtführung mit Zeitreise unter dem Titel „Gewesen sein werden“.

Einige Spaziergänger:innen wunderten sich am vergangenen Wochenende möglicherweise über die ungewöhnlich gekleideten Stadtführer:innen, die am Freitag- und Samstagabend je eine Gruppe aus warm eingepackten Menschen mit Programmheften und Thermoskannen durch die Straßen der Altstadt führten. 

Eine theatralische Führung durch die Epochen: Vom Jahr 2222 zurück in die Vergangenheit

Die Kostüme der Schauspieler*innen aus grauen Anzügen mit großen gelben Sonnen auf dem Rücken und Kopfbedeckungen aus Lichterketten waren passend kreiert zum Aufhänger der dargestellten Geschichte: Das 200. Sonnensturmjubiläum im Jahr 2222. Besagter Sonnensturm, so klärte das Programmheft das Publikum auf, hatte im Jahr 2022 das altbekannte Internet abgeschaltet. 

Das Ereignis, so die erdachte Vorgeschichte, war ein wahrer Segen für die Menschheit, die fortan wieder über ihren instinktiven Telepathie-Kanal kommunizierte, daraufhin eine Schwarm-Intelligenz und eine in dieser Form vorher nie dagewesene Empathie entwickelte. Um über die Umstände vor dem Sonnensturm Aufklärung zu betreiben, veranstalteten die Figuren des Stücks zum Jubiläum im Jahr 2222 Zeitreiseführungen in die kollektive Gedächtnis-Cloud. 

Das Publikum des Hochschultheaters wurde zu den Teilnehmer*innen eben dieser Zeitreiseführungen. An verschiedenen Haltepunkten in der Altstadt erhielten sie dramatische und karikaturistisch lustige Einblicke in die Geschichte.

Begegnung mit der Imperia: Das Hochschultheater erweckte Figuren der Vergangenheit zum Leben

So wurden sie zum Beispiel Zeug*innen eines Gesprächs zwischen der Imperia und einer weiteren Prostituierten während der Zeit des Konstanzer Konzils. Die beiden philosophierten auf dem Innenhof des Rathauses über das Scheinleben ihrer Klienten. Das Fazit: „Ihr Leben ist wie eine Glaskugel: wunderschön, aber so zerbrechlich!“.  

Auf der Terrasse des Hotels Barbarossa gab es einen handfesten Schlagabtausch in Zeitlupe zwischen einem liberalen Gesangsverein und Mitgliedern der gemäßigten Bürgerschaft des Vormärzes zu sehen. Seinen Höhepunkt erreichte das Stück am Eingang zum Augustinerparkhaus: Dort trafen im Jahr 1980 ein Bautrupp inklusive wichtigtuerischem Baubürgermeister und Bauleiter auf einen Protest von Atomgegnern. 

Ein anfänglicher Streit mündete über die Einigkeit darüber, dass der durch den Bau eines Atomkraftwerkes bedrohte Badener Wein ein erhaltenswertes Gut sei, in eine große Party angeführt von einer singenden Aerobic-Trainerin. Beim Mitklatschen und -steppen wurde auch dem frierenden Publikum wieder etwas wärmer. 

Was werden wir gewesen sein? Ein theatralischer Blick aus der Zukunft auf die Gegenwart

In der Neugasse trafen die Teilnehmer*innen der Führung schließlich auf die verzweifelte Studentin Dickedum, die im Jahr 2022 in einem Dschungel aus Datenkabeln vergeblich versuchte, ihre Hausarbeit digital einzureichen. Alle Szenen wurden von den Führer*innen sowie zwei weiteren Schauspieler*innen, die sich als Teilnehmer*innen aus dem Jahr 2222 unters Publikum mischten, stets mit einem Augenzwinkern kommentiert. 

Das Artefakt Lippenstift zum Beispiel wurde zum „Heilmittel gegen Einsamkeit“ uminterpretiert. Der teils naive, teils weise Blick der Figuren aus dem Jahr 2222 auf die Geschehnisse der Vergangenheit und unserer Gegenwart rief so immer wieder die Frage des Titels des Stücks in Erinnerung: „Was werden wir gewesen sein?“.

„Es war uns eine große Freude endlich wieder vor Publikum zu spielen, dass uns in der Kälte durch die Stadt von einer Spielstation zur nächsten und bis zum Schluss gefolgt ist. Die Spielfreude der Studierenden war so ansteckend und herzerwärmend – das werde ich so schnell nicht vergessen!“ sagt Anna Hertz, Leiterin des Hochschultheaters. 

Ein Bericht von Marcia Moritz – Online-Redaktion und Social Media HTWG Konstanz

Stimmen

„Konstanz inspiriert die HTWG – HTWG inspiriert Konstanz. Es war spannend und faszinierend, dies auf so außergewöhnliche Weise konkret und lebendig mitzuerleben. Danke an das Team für den Abend!“

Thomas Birkhölzer – Vizepräsident für Lehre, Qualitätssicherung und Digitalisierung der HWTG Konstanz

„Eine klug und spannend inszinierte Zeitreise, die mit viel Freude auf die Straße kommt. Dazu ein mitreißendes und mit großer Spielfreude ausgestattetes Ensemble. Ein gelungener Theaterabend!“

Mario Böhler – Büromagement OB-Büro

„Unterhaltsam und mitreißend mit Anstößen zum Nachdenken: Die Schauspieler*innen haben ihrem Publikum einen kurzweiligen Abend geboten, der im Gedächtnis bleibt. Es war eine Freude, das Theater endlich einmal wieder live zu erleben!“

Marcia Moritz – Online-Redaktion und Social Media HTWG Konstanz